Eigenschaften von Pestizidwirkstoffen mit Hilfe eines Rankings numerisch zu bewerten, um sie besser zu vergleichen und ihren Einsatz genauer zu messen, ist nicht neu. Schon in den 1990ern wurde der „Environmental Impact Quotient (EIQ)“ entwickelt. Das Pestizid Aktions-Netzwerk Deutschland (PAN Germany) entwickelte 1999-2002 ein Rangfolgeverfahren, um Pestizide bzw. Fruchtarten zu priorisieren (siehe „From Law to Field“ Studie). Die „Schwarze Liste der Pestizide“ von Greenpeace Deutschland (dort die „Graue Liste“) ist ein weiteres Beispiel.
Der Toxic Load Indicator stellt eine Weiterentwicklung und gleichzeitig eine Vereinfachung der „Grauen Liste“ von Greenpeace Deutschland dar. Die Absicht des TLI ist jedoch eine andere. Einsatzdaten können exakter verglichen werden, Trends und Substitutionseffekte besser dargestellt werden.
Ursprünglich wurde der TLI entwickelt, um im Rahmen von Reduktionsprogrammen im Baumwollanbau (Cotton made in Africa & Aid by Trade) Erfolge oder Misserfolge besser sichtbar zu machen. Für den gleichen Zweck wird er im WWF Bananenprojekt und bei Fair & Green eingesetzt. Man kann aber auch die Toxic Load zwischen Betrieben vergleichen und untersuchen, worin die Unterschiede liegen. Auch das findet im Rahmen der o.g. Projekte statt.
Bei Reduktionsplänen, die auf einem Ersatz von Wirkstoffen mit unerwünschten Eigenschaften basieren, kann der TLI verwendet werden, um eine Prognose zu machen. Die Fragestellung heißt hier: Wie kann man unerwünschte Stoffe so ersetzen, ohne dass die Toxic Load ansteigt? Dabei ist es natürlich wichtig nicht-chemische, vorbeugende Maßnahmen (z.B. Fruchtwechsel, Einsatz widerstandsfähiger Sorten etc.) einzubeziehen.
Prinzipiell könnte man innerhalb von Reduktionsprogrammen auch Toxic Load Zielvorgaben entwickeln – diese müssen jedoch in ein Gesamtkonzept integriert werden, welches den Verzicht unerwünschter Stoffe sowie nicht-chemische, vorbeugende Maßnahmen einbezieht.
Der TLI basiert auf 15 Parametern, die sich in drei Gruppen einteilen lassen. Hinter jedem Parameter steht ein numerisches Bewertungssystem. Die niedrigste Wertung präsentiert immer die niedrigste Giftigkeit, basierend auf Einstufungen oder bestimmten Endpunkten (LD/LC/EC50) und vice versa. Die höchste Einzelwertung pro Parameter ist 10, die niedrigste null oder eins. Daraus ergibt sich für jeden Wirkstoff eine mögliche Summe von 12 bis 150. Da Anwender fast immer in Kontakt mit den Pestiziden kommen, während für die anderen Parameter das Risikopotenzial größtenteils umweltbedingt ist , wurde ein Gewichtungsfaktor von zwei für die Parametergruppe „Humantoxizität“ eingeführt.
Somit ergibt sich ein Höchstwert von 200 für einen einzelnen Wirkstoff.
Der TLI ist ein Indikator. Er ist vor allem zum Messen „am Schreibtisch“ gedacht und sollte als Ergänzung zu Feldindikatoren (Biodiversität, Boden -, Wasserbelastung etc.) gesehen werden. Der numerische TLI-Wert ist nur eine Größe unter vielen und es ist durchaus so, dass manche Pestizide mit unerwünschten Stoffeigenschaften einen niedrigen TLI haben, weil sie bei anderen Parametern niedrig bewertet werden. Deshalb wird z.B. in der Schwarzen Liste von Greenpeace die sinnvolle Unterscheidung in eine „Schwarze Liste“ und eine „Graue Liste“ gemacht. Die Anzahl der erfassten Parameter ist derzeit auf 15 beschränkt und kann auch nicht beliebig erweitert werden. Obwohl es wünschenswert wäre, manche Eigenschaft (z.B. endokrine Wirkung) zu erfassen, muss immer bedacht werden, dass valide Daten aus weitgehend standardisierten Tests für möglichst viele Wirkstoffe zur Verfügung stehen müssen.